Trotz der anhaltenden Instabilität durch die Corona-Krise ist eines der Top-Themen für Logistik-Entscheider die Nachhaltigkeit. Aber wie schaffen es Unternehmen angesichts der aktuellen Hindernisse, “grüner” zu werden? Die gute Nachricht ist, dass es nicht notwendig ist, die gesamte Lieferkette neu zu organisieren.
Unternehmen können schon mit kleinen Schritten positive Umwelteffekte schaffen und ihre Lieferkette schrittweise zukunftsfähig machen. In mehreren Branchen wird die aktuelle Krise als Katalysator für Innovationen gesehen. Auch in der Logistikbranche sind neue Lösungen gefragt. Es ist von entscheidender Bedeutung, schnell auf aktuelle Schwierigkeiten zu reagieren und gleichzeitig die wachsenden Anforderungen an den Umwelt- und Klimaschutz zu erfüllen.
Nachhaltige Supply Chain als Wettbewerbsfaktor
Unternehmen müssen ökologische und soziale Parameter in ihre Zielsysteme integrieren und in ihre Entscheidungen einbeziehen, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. Infolgedessen diskutieren viele Unternehmen über alternative “grüne” Strategien. Der Fokus liegt dabei natürlich auf dem CO2-intensiven Transportsektor, insbesondere auf langen Transportwegen, wie zum Beispiel zwischen Asien und Europa. Daher überlegen Unternehmen, wie sie umweltfreundlicher handeln können.
Die Krise als Chance für mehr Nachhaltigkeit
Der Flugverkehr ist infolge der Pandemie Covid 19 drastisch zurückgegangen. Die Folge ist ein erheblicher Verlust an Luftfrachtkapazitäten und ein schneller Anstieg der Preise. Auch die Seefracht ist davon nicht unbeeinflusst: Auch hier werden die verfügbaren Slots knapper und die Preise steigen in schwindelerregende Höhen. Die Frachtraten auf der Route China — Nordeuropa haben sich in den letzten Wochen verdreifacht. Rund 9.000 Dollar müssen Unternehmen derzeit für einen 40-Fuß-Container ausgeben — wenn sie angesichts des begrenzten Angebots überhaupt Glück haben, einen zu bekommen. Für Unternehmen kann es nun sinnvoll sein, zu prüfen, ob sich der deutlich umweltfreundlichere Bahntransport lohnt. Vielfach wird auch der Zugriff auf lokale oder geografisch näher gelegene Beschaffungsmärkte in Erwägung gezogen, um die Transportwege kurz zu halten und die Lieferfähigkeit zu erhalten. Neben diesen Krisenszenarien gibt es natürlich noch weitere Techniken, die Unternehmen einsetzen können, um ihre Lieferkette ganz oder teilweise nachhaltiger zu gestalten:
SCM-Software sorgt für Transparenz und Effizienz
Digitale Strategien und Lösungen sind heute unverzichtbar um komplizierte Logistikprozesse nachhaltig zu steuern sowie Touren und Kapazitäten besser zu planen. Dabei muss die Umsetzung nicht teuer sein: Externe Dienstleister stellen die notwendige Infrastruktur als Software-as-a-Service-Lösung zur Verfügung. SCM-Software unterstützt Unternehmen bei der Koordination ihrer Lieferketten und kann dazu genutzt werden, Transportkapazitäten besser auszulasten und z. B. Leerfahrten zu vermeiden. Das spart Geld für Benzin, entlastet den Verkehr und schont die Umwelt.
Den tatsächlichen Bedarf bei der umgekehrten SC-Planung im Auge behalten
Reverse SC-Planung — nicht zu verwechseln mit der Reverse-Logistik, die sich auf die Optimierung von Retouren oder Entsorgungsvorgängen konzentriert — ist eine weitere Möglichkeit, Ressourcen, CO2 und Geld zu sparen. Bei der Reverse Supply Chain Planung geht es wesentlich mehr darum, neben dem tatsächlichen Bedarf auch Umweltfaktoren in die Lieferplanung einzubeziehen. Daher ist der erste Schritt die Definition: Wann benötigt ein Kunde seine Produkte zur Abholung aus dem Lager? Gibt es auch “grüne” Lieferoptionen? Vorgelagerte Prozesse werden so geplant und gestaltet, dass sie möglichst langlebig sind: Unternehmen können zum Beispiel lokale oder nationale Beschaffungsmärkte nutzen und in ihrer Nachkaufplanung verstärkt auf CO2-freundliche Transportmittel wie Bahn oder Binnenschiff setzen.
CO2-Gleichgewicht als Ausgangspunkt für mehr Nachhaltigkeit
Eine Bestandsaufnahme bzw. Analyse der bestehenden Situation ist in jedem Fall sinnvoll. Denn die Berechnung des eigenen CO2-Fußabdrucks gibt Unternehmen wertvolle Hinweise, um Optimierungsmöglichkeiten aufzudecken und damit die CO2-Bilanz zu verbessern. Unternehmen, die diesen Schritt bereits getan haben, kommen häufig schneller in Richtung “grüne” Logistik voran als ihre weniger aktiven Wettbewerber — und das zu geringeren Kosten.
Schritt-für-Schritt-Anleitung für ein langfristiges Supply Chain Management
Natürlich kann keine Lieferkette einfach “grün” gemacht werden, aber es gibt eine Vielzahl von Ansätzen, um eine Lieferkette theoretisch nachhaltiger zu machen. Entscheidend ist es, die richtigen Hebel in der eigenen Organisation zu entdecken, Alternativen zu bestehenden Prozessen zu etablieren und das SCM schrittweise umzustellen. Zum einen geht es darum, Transportarten sowie Verpackungen nachhaltig zu optimieren, zum anderen steigen die Anforderungen an Rückverfolgbarkeit, Transparenz und Compliance. Unternehmen müssen ökologische Nachhaltigkeit in die Gestaltung und Steuerung ihrer Logistikprozesse einbeziehen, mit zukunftsorientierten Partnern zusammenarbeiten und nach vorne schauen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Grüne Logistik und Nachhaltigkeit sind keine optionalen Pflichten mehr, sondern werden in Zukunft zur “neuen Normalität”, die sie wettbewerbsrelevant macht.